Die GEZ bietet seit ein paar Wochen ein neues Portal im Internet an, wo jeder seine Meinung zur GEZ und dem Öffentlich Rechtlichen Rundfunk (ÖR) äußern und zur Diskussion stellen kann.
Die GEZ und das Rundfunkgebührensystem liefern einigen Diskussionsstoff. Dessen sind wir uns bewusst und diesem Dialog möchten wir uns stellen.
Grundsätzlich ist dieser Schritt zu begrüßen. GEZ und ÖR stoßen auf zum Teil heftige Kritik. Die Palette reicht von unhaltbaren Beschimpfungen über emotional geschilderte Konfliktsituationen bis hin zu konstruktiver Auseinandersetzung mit der komplexen Problematik, die das deutsche Rundfunkgebührensystem mit sich bringt. Dieser Artikel will sich auf dem letzgenannten Niveau mit dem Thema befassen.
Was machen GEZ und der ÖR?
Die GEZ besteht seit 1976 und zieht die zur Finanzierung des ÖR festgelegten Gebühren ein. Neben Werbeeinnahmen ist dies die einzige Einnahmequelle des ÖR in Deutschland. Diese Gelder werden vom ÖR zur Herstellung und Sendung der Programme, sowie zur Forschung verwendet. Dabei hat der ÖR den Auftrag, eine so genannte Grundversorgung zu gewährleisten.
Die Notwendigkeit des ÖR
Der ÖR ist insofern wichtig, dass er unabhängig von politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme ein Programm herstellen und senden kann. Fernsehen und Radio sind trotz Internet die am stärksten meinungsbildenden Medien die es gibt. Deshalb wäre es fatal, den ÖR ersatzlos zu streichen und das Feld den kommerziellen Sendern zu überlassen. Im Gegensatz zu privaten Sendern findet man im ÖR durchaus kritische Inhalte und Nischenprogramme. Die Inhalte beim ÖR sind durchweg anspruchsvoller hergestellt, das technische und redaktionelle Personal ist schlicht und einfach besser ausgebildet. Zudem betreiben die ÖRs Grundlagenforschung, ohne die viele Entwicklungen und Standards im Bereich Broadcasting nicht bestehen würden. Als Beispiel dient HDTV, das ohne
das teure und aufwändige Pilotprojekt des WDR in den 1990er Jahren, in der heutigen Form nicht vorhanden wäre. Auch dazu werden die GEZ Gelder verwendet. Das sind nur ein paar der Gründe, warum ein von der Allgemeinheit durch Gebühren finanzierter Öffentlich-Rechtlicher-Rundfunk notwendig ist.
Reformbedarf des ÖR
Stellt man die Frage, ob der ÖR reformiert werden muss, beantworte ich die Frage eindeutig mit Ja! Allerdings in eine Richtung, die die Position des ÖR gegenüber den Privaten stärkt. Meiner Meinung nach ist es z.B. ein Unding, dass ARD und ZDF um Übertragungsrechte für Massenveranstaltungen mitschachern muss. Der ÖR wird von allen finanziert und soll für alle da sein. Wenn dann ein Ereignis stattfindet, das alle oder den überwiegenden Teil der Menschen interessiert, sollte dem ÖR eine Art Hoheitsrecht zugestanden werden. Ein gutes Beispiel ist die Fußballbundesliga. Der ÖR sollte einfach das uneingeschränktre Recht zur Berichterstattung haben. Inklusive Live Sendungen. So, wie durch öffentliche Gelder die Infratruktur finanziert wird, die solche Events erst möglich machen, sollte im Gegenzug auch die Berichterstattung über solche Events zu allererst in öffentlicher Hand liegen. Das schließt nicht aus, dass Privatsender auch berichten dürfen und können. Aber sie sollten in einem solchen Fall nicht in Konkurrenz zum ÖR stehen, sondern eher in dessen Abhängigkeit. Ich halte es für ein Unding, dass ein Gemeingut mit einem Privatgut konkurrieren muss. So ein Kampf geht immer zum Nachteil der Allgemeinheit aus. Profiteure sind immer nur einige Wenige, die am Schaffen der Vorausetzungen aber keinen Beitrag leisten. Ein weitere Punkt sind die Nutzungs- und Zweitverwertungsrechte an Eigenproduktionen des ÖR. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Sendungen nur 7 Tage nach Ausstrahlung zum Download im Netz angeboten werden dürfen. Diese Inhalte sind bezahlt. Deren Herstellung und Sendung sind von den Gebührenzahlern schon finanziert. Diese Inhalte sind Quasi- Eigentum der Gebührenzahler. Also sollten sie auch jederzeit Zugriff auf, und Nutzungsrechte an diesen Inhalten haben. Alle
Eigenproduktionen könnten z.B. unter einen Creative Commons oder einer vergleichbaren Lizenz veröffentlicht werden, die eine kommerzielle Nutzung ausschließt. Das würde dem legitimen Anspruch der Allgemeinheit gerecht werden.
Zu guter Letzt
Das Duale Rundfunksystem in Deutschland, stellt den ÖR neben die Privatsender. In einem demokratischen System sollte aber ein allgemeines Interesse grundsätzlich über privaten Interessen stehen. Um das zu gewährleisten, müssen in Sachen Rundfunk dem ÖR aber auch die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stehen. Alternativ zum Gebührensystem bietet sich eine Art Mediensteuer an, die jeder bezahlen muss. Diese Steuer darf dann aber nicht x% hoch sein, sondern muss, wie die derzeitigen Gebühren, durch einen Absolutbetrag geleistet werden. So kann man die finanzielle Unabhängigkeit des ÖR auch bewerkstelligen. Diese Steuer wäre zweckgebunden und die Gelder dürften nicht anderweitig verwendet werden. Die GEZ könnte man zu einer Steuerbehörde für diese Steuer umwidmen. Der Verwaltungs- und damit der Kostenaufwand wäre wesentlich geringer.
In einem Satz
Der durch die Allgemeinheit finanzierte ÖR muss weiter bestehen, gegenüber den Privaten erweiterte Rechte haben und seine Produkte uneingeschränkt wieder der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.
(ix)
Autor: Ixiter
Alle ArtikelIxiter ist Quelltextschreiber, Pixelsortierer, Lieferantenbetreuer und Aufstrichberater. Wenn ihm das alles nicht reicht, schreibt er hier über nichts geringeres, als den Sinn und Unsinn der Existenz. Und wenn ihm die Argumente ausgehen, kommt er mit triftigen Gründen. Immer.
Der Gedanke mit dem “Gemeingut” z.B. bei Sportveranstaltungen ist interessant, aber ab wieviel Interessierten oder Aktiven ist etwas (Sport, Konzerte usw.) von allgemeinen Interesse? Wäre eher die Frage, ob man die Summen, die gezahlt werden, seit dem die privaten Mitschachern, sinnvoll deckeln könnte, stelle ich mir aber schwierig vor.
Das mit dem Verfallsdatum in der Mediathek sehe ich ähnlich: eigenlich müsste sowas unter einer CC-Lizenz veröffentlicht werden und permanent verfügbar sein.
Gegen die Mediensteuer gibt es einen guten Grund: Steuern sind jederzeit durch die Politik veränderbar und könnten als politisches Druckmittel eingesetzt werden, um gefügige Berichterstattung zu erzwingen. Das aktuelle Konstrukt mit der Kommission, die den Finanzbedarf der ÖRs ermittelt, ist umständlicher, aber auch ‘sicherer’.
Das größte Problem ist vielleicht eher das Konstrukt der GEZ und ihr Gehabe, ihre ihre unsäglichen Medienkampangnen - und den investigativen Hausbesuchern, die im Auftrag der Funkhäuser im Lande umherrspuken.
Im Prinzip erhebt aber die GEZ aber die “Kulturflatrate”, die an anderer Stelle so sehnlichst herbeigeseht wird. Spannend, dass manche Leute, die sonst so sehr für Legalisierung oder Bagatellisierung z.B. von Musikdownloads sind, bei den ÖRs und der GEZ jegliche Beißhemmung verlieren.
@dehkah: Nun, ich möchte Dir in jedem Absatz zustimmen. Da bleibt mir kaum etwas hinzuzufügen.
Die GEZ gebärdet sich häufig in einer Art, die dem Ansehen des ÖR unnötig schadet. Die ganzen Fernseh- und Kinowerbungen in eigener Sache und der Webauftritt werden nun auch aus Mitteln bezahlt, die andernorts für Kunst und kultur schmerzlich vermisst werden.
Dem ÖR wünsche ich, daß es ihm gelingt seine oft urbürokratischen Strukturen zu überwinden und mehr Dienstleistungscharme zu entwickeln. Ein wirklich offenes Medien- und Informationsangebot schadet nicht. Konstruktive Interaktion, Transparenz und ein Soziales Informationsnetzwerk, das dem Bürger mehr Möglichkeit zur Einflußnahme einräumt, können vielleicht in Zukunft die Funktion des ÖR für Demokratie und Gesellschaft erheblich verbessern, gerade in Augenblicken da Politik auf breiter Fläche enttäuscht.
Wenn man dann das Gefühl bekommt, das der ÖR einem wirklich etwas bringt und einen im Alltag bereichert und unterstützt, dann ist sicher auch die Bereitschaft größer ihn finanziell zu unterstützen. Das ziemt sich mehr, als den Eindruck zu vermitteln, der Deutsche sei eigentlich ein Zechpreller, wenn er nicht verfolgt und bedrängt wird.
Ich halte auch eine Steuer für den falschen Weg, doch die GEZ in ihrer aktuellen Form ist es auch.
Gruß
@dehkah: Nach meinem Verständnis besteht immer ein öffentliches Interesse, sobald ein Ereignis in der Öffentlichkeit stattfindet, oder Öffentlichkeit zulässt. Und immer dann sollte der ÖR das Recht und die Möglichkeit haben, ohne wenn und aber darüber auch live und vor Ort zu berichten.
Ich sehe das Problem mit dem politischen Einfluss auf eine Steuer ähnlich. Die Festlegung dieser Steuer sollte dabei weiterhin in der Hand des ÖR liegen. Aber das einsammeln der Gelder sollte eben über die Einkommensabrechnung erfolgen. Dadurch würden auch Gelder für “unsägliche Medienkampgnen” eingespart, und das hausieren irgendwelcher selbsternannter GEZ Sherriffs aufhören.
Das diese von den Funkhäusern losgeschickt werden, halte ich für ein Gerücht. Auch wenn viele haarsträubenden Geschichten etwas anderes darstellen. Ich war selber 10 Jahre beim WDR in Köln beschäftigt. Niemals habe iuch auch nur einen Hauch davon mitbekommen, dass Kollegen aufgefordert wurden GEZ Gebühren einzutreiben. Auch ist mir nicht bekannt, dass es dafür Abteilungen gibt. Die Vermutung liegt deshalb nahe, dass sich evtl. ein Rundfunkmitarbeiter in Eigenregie auf den Weg macht, und versucht die Leute so einzuschüchtern, oder dass die Aussage man käme vom XYZ Sender schlicht und einfach gelogen ist. Ich kann nur empfehlen, in solchen Fällen Namen und Personalnummer zu notieren, den Menschen unverrichteter Dinge wieder wegzuschicken, und sich bei GEZ und Sendeanstalt zu beschweren. Am besten gleich die Polizei rufen und einen Betrugsverdacht melden.
Bei deinem letzten Absatz musste ich breit grinsen. Das sehe ich genau so.
Aha, also eine Kultur-Flatrate für 17,98 Euro im Monat?! Naja gut, bei 7,2 Millarden Euro Einnahmen jedes Jahr sollte das tatsächlich möglich sein.
Der “Auftrag zur Grundversorgung” wurde nach dem Krieg von den Aliierten festgelegt. Jeder Haushalt empfängt inzwischen 30 Programme. Hier noch von einer Grundversorgung auszugehen, ist veraltet.
Wer den ÖRR für geistig anspruchsvoller hält und bereit ist, dafür zu bezahlen, soll das gerne tun. Ich möchte das Recht haben, welches jeder für sich beansprucht und Grundlage jeden freiheitlichen Denkens ist - eine Wahl haben. Also ÖRR verschlüsseln und wer es haben will, soll zahlen. Dann fallen die unsäglichen GEZ-Schergen weg und der ÖRR muss sich endlich dem Wettbewerb stellen. Sich nur im gemachten, warmen Nest ausruhen, ist dann endlich vorbei.
>Der ÖR ist insofern wichtig, dass er unabhängig von politischer und wirtschaftlicher Einflussnahme ein Programm herstellen und senden kann
LOOOOOOL. Der ÖR ist der am eindeutigsten politisch gesteuerte Medien-Verein. Man muss sich nur die Vorstände anschauen. Und was war denn gerade mit dem Herrn, der aufgrund massiven Drucks der Politiker nicht wieder als Direktor eingesetzt wurde? Komisch, interessiert eine Woche später Niemanden mehr.
@xixu:
Dein letzter Absatz zeigt, dass wir grundsätzlich verschiedene Denkansätze verfolgen. Mir geht es um Gemeinschaftssinn und die Bereitsstellung der Angebote des ÖR, finanziert durch die Gemeinschaft, zugänglich jederzeit für jeden. Dir geht es um Befriedigung egoistischer Bedürfnisse. Wenn man deine Denke auf die Spitze treibt, müsste demnach jedes Sozialwesen abgeschafft werden.
@Thomas Friedrich:
Der ÖR ist kein Verein und auch nicht politisch gesteuert, hat keine Vorstände und auch keine Direktoren.
Der ZDF Chefredakteur Nikolaus Brender wurde nicht wieder eingesetzt, weil die dafür notwenige 60% Mehrheit im Verwaltungsrat des ZDF nicht erreicht wurde. Immerhin haben 7 der 14 Mitglieder, also auch Vertreter der CDU, im Verwaltungsrat für die weitere Einsetzung Brenders gestimmt.
Vorgeschlagen wurde Brender, vom Intendanten des ZDF, Markus Schächter.
Schächter sagt dazu bei Spiegel Online u.a.:
Auch meiner Meinung nach besteht Nachbesserungsbedarf bei der Zusammensetzung von ZDF Verwaltungsrat und ZDF Fernsehrat um solche Lobbypolitik in Zukunft einzudämmen.
Soviel zu dem Vorfall den du vermutlich ansprechen wolltest.
Eine politische “Steuerung” des ÖR findet insofern nicht statt, dass die genannten Gremien, und vergleichbare Gremien anderer ÖR Sender, keinen unmittelbaren Einfluss auf die Programminhalte haben. Auch nach der Absetzung Brenders, wird es weiterhin beim ZDF kritische Inhalte geben und Nischenprogramme angeboten. Beides ist bei anderen ÖR Sendern noch wesentlich ausgeprägter.