Herrgott, was fürn Unsinn

Zum Projekt42 - Salz, wurden inzwischen schon recht viele Beiträge geschrieben. Die rege Anteilnahme freut mich, da ich das Projekt ja sehr gerne mag. Es ist auch immer interessant zu lesen, welche Assoziationen die verschiedenen Blogger zu den Begriffen haben. Beim Begriff Salz bin ich über die Vielfältigkeit positiv überrascht. Ich möchte hier näher auf den Beitrag von blaustropohbie.de eingehen, der “Salz” über ein Bibelzitat in einen religiösen Zusammenhang bringt.

Salz. Dabei denke ich unvermittelt und ohne dass ich etwas dagegen tun kann sofort an Jesu Worte: “Ihr seid das Salz der Erde” (nachzulesen in Matthäus 5, Vers 13).

Im weiteren wird dann die Deutung der Volksbibel zu dieser Bibelstelle zitiert.

“Ihr seid so wichtig, wie Salz wichtig ist für diese Welt. Ohne euch würde nichts mehr richtig schmecken. Das ist so: ihr seid wie ein Kühlschrank für diese Welt, denn ohne euch würde alles vergammeln. Aber wenn Salz lasch geworden ist und nicht mehr salzt, und ein Kühlschrank kaputt ist und nicht mehr kühlt, gehört beides auf den Müll, damit es dort restlos entsorgt wird.”

Da kann man mal sehen, was die Volksbibel für einen Schwachsinn schwurbelt. Salz ist im Grunde genommen unendlich lange haltbar und in unerschöpflichen Mengen vorhanden. Das Salz, das aus Salzbergwerken und Meeren gewonnen wird, ist hunderte von Millionen von Jahren alt. Salz verliert seine Salzigkeit nicht. Mithin sind auch alle Folgeschlüsse aufgrund des Zitates und dessen Deutung hinfällig. Und ganz nebenbei bemerkt, gehört ein Kühlschrank auf den Sondermüll und seine Bestandteile sollten möglichst vollständig recycelt werden.

Der Artikel bei blaustrophobie.de begründet sich aber auf dieses Bibelzitat und die Deutung durch die Volksbibel. Eine Grundlage, die so falsch ist, wie eine Erklärung nur falsch sein kann.

Nichts gegen diesen Glauben oder gegen Jesus. Jeder darf soviel Nichtwissen anhäufen glauben, wie er mag. Schließlich kann Glaube Berge von Wissen ersetzen.

Jesus war, wenn er denn so war wie es geschrieben steht, ein wirklich netter Kerl. Aber ob dieser Jesus tatsächlich jemals existiert hat, ist überaus zweifelhaft. Einen historischen Beleg gibt es nicht. Im Artikel werden Grimms Märchen erwähnt und die Art der Verbreitung, bevor die Grimms sie niedergeschrieben haben. Mit dem Jesusmärchen verhält es sich genauso. Die Idee, die Philosophie dieses Jesus ist wesentlich älter als 2000 Jahre. Die gleiche Geschichte gibt es in vielen Volksmythologien so oder so ähnlich gerade im orientalsichen und asiatischen Raum. Bis hin zu Details wie der Jungfrauengeburt, der Wunder, der Verfolgung, Ächtung, Hinrichtung und Auferstehung. Diese wichtigen Eckpunkte sind in all diesen Mythen identisch. Man glaubt also nicht an die Person Jesus Christus, sondern an eine Volksweise, die durch irgendwen niedergeschrieben wurde.
Genauso gut könnte man also auch an Hänsel und Gretel glauben, oder an jedes andere Märchen, das von den Grimms niedergeschrieben wurde. Wer weiß, vielleicht sind ja in ein paar tausend Jahren Grimms Märchen die Basis für eine Religion, und es gibt verfeindete Glaubensgruppen, die sich darüber die Schädel einschlagen, ob Hänsel und Gretel verheiratet oder Geschwister waren … oder beides.

Und wenn ich sowas wie den beschriebenen Artikel lese, kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Wenn Jesus nämlich sagt, “Ihr seid das Salz der Erde”, dann sagt er, dass wir in nahezu unerschöpflichen Mengen und auf ewig vorhanden sind. Da kann kommen was will. Und es braucht nicht der geringsten Anstrengung, das zu erhalten. Er sagt also genau das Gegenteil von dem, was in dem Artikel beschrieben steht.

Warum ich das alles hier schreibe? Weil es mir ziemlich auf den Sack geht, was mit Religion alles angestellt wird und wie prinzipiell von deren Vertretern einfach Tatsachen ausgeblendet werden, nur um die eigenen Lehren weiter aufrecht zu erhalten. Religion ist Lüge. Es werden Ideale gepredigt und Unideale getan. Religiöse Menschen sind in der Regel unkritisch gegenüber dem was sie predigen. Jeder Zweifel wird abgetan mit dem Willen Gottes, der unergründlich ist. Super Idee! Das macht alles so schön einfach.

Die Bibel ist ein Buch, geschrieben von einem Volk von Schafzüchtern, für ein Volk von Schafzüchtern. Denn wenn man mal genau liest, geht es um nichts anderes als Schafe züchten und die Interessen und das Leben von Schafzüchtern. Nur ist das alles etwas lange her. Die wenigsten Menschen züchten heute noch Schafe.

(ix)

Ixiter ist Quelltextschreiber, Pixelsortierer, Lieferantenbetreuer und Aufstrichberater. Wenn ihm das alles nicht reicht, schreibt er hier über nichts geringeres, als den Sinn und Unsinn der Existenz. Und wenn ihm die Argumente ausgehen, kommt er mit triftigen Gründen. Immer.

Kurzlink: http://goo.gl/5OH8W

4 Gedanken zu “Herrgott, was fürn Unsinn

  1. Sehr guter Beitrag. Anhand der katholischen Kirche sieht man aktuell ja leider wie Glaube und Religion von “Würdenträgern” missbraucht werden. Scheinbar wissen die selber nicht mehr, was Leitsätze des gesunden Menschenverstandes sind.

    BTW: Wenn du doch das unerklärliche Verlangen nach einer Bibel hast, ein beknnter Discounter bietet die gerade zum unerhörten Preis an. ;)

  2. @densco:
    Religion an sich sehe ich schon als den Missbrauch an. Den (gut)gläubigen Mitgliedern wird erzählt wie sie sich einschränken sollen, damit sie Angst vor Verfehlung haben und so kontrollierbar werden. Dabei ist es egal ob es sich um westliche, orientalische oder asiatische Religionen handelt. Auch bei den “Naturvölkern” geht es um nichts anderes, wenn sie irgendeinem großen Wasibasi huldigen. Der Medizinmann und der Häuptling haben allein aufgrund der Stammesreligion ihre Macht.

    Der Buddhismus unterscheidet sich, weil er keinen Gott kennt dem man huldigt. Der Mensch steht im Mittelpunkt, es geht viel mehr um Selbstfindung als darum irgendwem zu dienen oder zu huldigen. Es gibt dort auch nicht direkte Dogmen im Sinne von Verpflichtungen und Verboten. Es gibt eine Art Regelwerk, das als Empfehlung betrachtet werden soll. Deshalb findet der Buddhismus bei westlichen Freidenkern und Intellektuellen so großen Anklang. Nichtsdestotrotz wird auch im B. ein Weltbild vorausgesetzt, für das es keinerlei Beleg gibt. Denn auch Karma, Reinkarnation und all der andere mystische Firlefanz sind letztlich von irgendwem ausgedacht, eine Glaubenssache und nicht beweisbar.

    Achso .. ich habe eine Bibel, schon seit zig Jahren. Ich bin quasi damit aufgewachsen. :)

  3. Bei aller Unzulänglichkeit der Volksbibel (die tatsächlich ziemlich schräg ist), geht Deine Deutung an Mt 5,13 vorbei. Wird Dir vermutlich egal sein, aber wo Du schon so breit argumentierst (oder leider eher polemisierst?)…

    »Salz verliert seine Salzigkeit nicht. Mithin sind auch alle Folgeschlüsse aufgrund des Zitates und dessen Deutung hinfällig.«

    Nicht so schnell. Und nicht immer gleich den eigenen Kontext als den einzig gültigen nehmen.

    Reines NaCl wird nicht ‘schlecht’, da hast Du recht. Aber sogar das Speisesalz, dass ich im Küchenschank stehen hab, ist kein reines NaCl und hat im März sein MHD überschritten, was vermutlich an den diversen Zusatzstoffen (Jod, Folsäure, Trennmittel…) liegen wird. Und am Lebensmittelrecht.

    In der Antike war reines Salz eher selten, Fremdstoffe im Salz dürften der Normalfall gewesen sein: Kalk und Magnesia z.B. Wenn man es aus dem Toten Meer gefischt hat, vermutlich auch noch div. organisches Material. Ebensowenig gängig werden Möglichkeiten gewesen sein, Salz gut vor Feuchtigkeit zu schützen. Klimatisierte Lagerräume? Fehlanzeige. Unter diesen Bedingungen kann Salz schon ‘unbrauchbar’ werden, wenn es Wasser zieht. Hab das nur nachgelesen und selbst nicht ausprobiert, wär vll. ein Fall für die Mythbusters, scheint mir aber plausibel.

    Du schreibst: »Wenn Jesus nämlich sagt, “Ihr seid das Salz der Erde”, dann sagt er, dass wir in nahezu unerschöpflichen Mengen und auf ewig vorhanden sind. Da kann kommen was will. Und es braucht nicht der geringsten Anstrengung, das zu erhalten.«

    Wenn Jesus sagt “Ihr seid das Salz der Erde”, sagt er gleich danach “wenn aber das Salz fade geworden ist, womit soll es gesalzen werden?”. Dieser Vergleich ist Absicht, und zwar in die vorgegebene Richtung: Jünger bzw. Christen können ‘fad’ und damit unbrauchbar werden, genauso wie Salz unbrauchbar werden kann. Der Vergleichspunkt (‘Fadheit’) ist vom Autor gesetzt und nicht beliebig. Deine Interpretation (wenn sie das denn sein will) ist damit haltlos, weil sie 6 Worte aus ihrem Kontext nimmt und irgendwas x-beliebiges an den Haaren herbeizieht und hinzudichtet.

    Das “Salzwort” in Mt. 5,13 ist - wie man so schön sagt - Zuspruch und Anspruch in einem. Die leicht paradoxe Formulierung ‘wenn das Salz nicht mehr salzt’ spielt auf die Gefahr des Glaubwürdigkeitsverlustes hin, wenn Anspruch und Wirklichkeit auseinanderfallen. Im Kontext einer Predigt könnte man vll. eine Übertragung wie “eigentlich kann Salz so schnell nichts verderben, also kein Grund zur Angstmache” wagen, wenn Du erwähnen möchtest, wie unverwüstlich Salz normalerweise ist. Ob das aber die Wirklichkeit von 2000 Jahre Kirchengeschichte widerspiegelt? Eher nicht. Schreibst Du ja sogar selber.

    Texte - auch nichtbiblische - wollen immer gerne in ihrem historischen Kontext gelesen werden. Der Grad zwischen Exegese und Eisegese ist überall schmal, wo man eine Botschaft herauslesen möchte.

    Die Übertragung bzw. ‘Nachdichtung’ (!) der Volksbibel ist also gar nicht so weit hergeholt. Das einzige, was man ihr echt ankreiden muß, ist der Kühlschrank. Letztlich nur der etwas hilflose Versuch, heutigen Lesern zu erklären, das von der Gebrauchsfähigkeit des Salzes zu der damaligen Zeit mehr abhing als ein gut abgeschmecktes Essen.

    Gibt übrigens heute noch Leute, die Schafe züchten. Bis vor einigen Jahren hatten wir selber mal welche. Hier in der Heide gibt es sogar noch Schäfer. Soll sogar noch verbreitet Handwerker und Bauern geben, fast wie vor 2000 Jahren, und man hört von Menschen, die noch Nahrung zu sich nehmen, die in keiner Fabrik gewesen ist. Man führt auch heute noch Kriege und eheähnliche Lebenspartnerschaften. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber anthropologische Forschung hat AFAIK auch ergeben, dass Mensch sich grundsätzlich über die Jahrhunderte nicht so furchtbar stark verändert hat, auch wenn er sich heute so unglaublich fortschrittlich vorkommt. Doof waren die Menschen damals jedenfalls nicht.

    »Religion ist Lüge.«

    Was ist Wahrheit..?

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